Technische Gebäudeausrüstung: Drei Forderungen des VDI zum Gebäudeenergiepass
Nur Ingenieure der Branche Technische Gebäudeausrüstung sollten berechtigt sein, den Energiepass auszustellen, der ab 2006 für rund 40 Mio. Gebäude in Deutschland bei Vermietung oder Verkauf vorgelegt werden muss. Dies ist eine von drei Forderungen des Vereins Deutscher Ingenieure für die praktische Umsetzung der EU-Richtlinie "Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden".
VDI nachrichten, Düsseldorf, 1. 7. 05 -
Die Umsetzung der EU-Richtlinie "Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden" zur Senkung des Energieverbrauchs ist in Politik und Wohnungswirtschaft umstritten, insbesondere der Energiepass für Gebäude. Dieser ist ab 2006 für alle gut 40 Mio. Bestandswohnungen Deutschlands bei Vermietung oder Verkauf vorzulegen.
Diskutiert wird, ob beim Gebäudeenergiepass die Angabe des Verbrauchs oder des Bedarfs sinnvoll ist. Auch wer ihn letztendlich ausstellen darf, ist noch nicht abschließend geklärt.
Zur aktuellen Diskussion im Rahmen der Novellierung des Energieeinsparungsgesetzes stellt der Vorsitzende der VDI-Gesellschaft Technische Gebäudeausrüstung, Prof. Dr. Michael Schmidt, drei Forderungen auf.
1. Nur Ingenieure der Branche Technische Gebäudeausrüstung (TGA) sollten berechtigt sein, den Energiepass auszustellen. Nicht wie von der Deutschen Energie Agentur (Dena) vorgeschlagen, Bauvorlageberechtigte oder Handwerksmeister mit Zusatzqualifikationen.
Die Berechnung des Energiebedarfs von Gebäuden ist komplex und umfangreich, weil viele Einflüsse berücksichtigt werden müssen: Eigenschaften und Nutzung des Gebäudes, Art, Verhalten und Qualität der technischen Anlagen sowie das Wetter am Standort. Der Energiebedarf wird von allen genannten Aspekten beeinflusst, entsteht aber ausschließlich beim Betrieb von technischen Anlagen.
Die Berechnung des Bedarfs für den Energiepass kann demzufolge nur ein Fachmann für die technischen Anlagen vornehmen. Dies können nur TGA-Ingenieure sein und nicht die von der Dena vorgeschlagenen Personengruppen. Würde die Politik dem Vorschlag der Dena folgen, wäre das so, als würde man Straßenbauingenieure zur Berechnung des Benzinverbrauchs der Autos einsetzen.
2. Der Energiepass muss sich nach dem Bedarf richten, nicht nach dem Verbrauch. Denn die Verbrauchswerte charakterisieren nicht allein die Immobilie, sondern sehr stark auch den Nutzer.
Ein Ferrari in der Garage verbraucht null Liter Benzin. Wird er aber benutzt, so verbraucht er deutlich mehr als ein Smart. Genauso ist es bei Gebäuden: Eine vierköpfige Familie verbraucht mehr Energie als ein Single, der 14 Stunden täglich im Büro arbeitet und am Wochenende zu den Eltern fährt. Wenn beide in identischen Doppelhaushälften wohnen, sollte man erwarten, dass die beiden Hälften identische Energieeffizienzklassen aufweisen, was aber bei Zugrundelegung des Verbrauchs nicht der Fall sein wird. Es muss also der Bedarfswert die Bezugsgröße für den Energiepass sein, d.h. die berechnete Größe für den Energieaufwand, den ein angenommener Norm-Nutzer haben würde.
Ein bedarfsorientierter Energiepass ist zwar teurer als einer auf Basis des Verbrauchs. Jedoch liefert er dafür belastbare Werte im Gegensatz zum Verbrauchspass. Hier drohen andernfalls Klagewellen, denn der Energiepass stellt eine zugesicherte Produkteigenschaft dar. Diese kann der Verbrauchspass nicht geben.
3. Mit einem Gebäudeenergiepass, der auf nachvollziehbar ermittelten Bedarfswerten aufbaut und durch ausgewiesene Experten vergeben wird, sollte Deutschland in Europa zum Trendsetter werden. Denn bisher gibt es wenige Erfahrungen in Europa mit verpflichtenden Energielabeln für bestehende Gebäude. Lediglich Dänemark hat erste belastbare Erfahrungen und rechnet zum Beispiel in diesem Jahr aufgrund der Einführung eines Energielabels mit 5 % Energieeinsparungen.
Sinnvoll ist es, europaweit eine vergleichbare Methodik bei der Erstellung von Energiepässen bei neuen Gebäuden und Gebäuden im Bestand zu haben. Nur so erfüllt die EU-Richtlinie ihren Zweck. Hier muss Deutschland Vorreiter werden. MICHAEL SCHMIDT
Forderungen des VDI zum Energiepass
- Nur Ingenieure der Branche Technische Gebäudeausrüstung sollten berechtigt sein, den Energiepass auszustellen. Nicht Bauvorlageberechtigte oder Handwerksmeister mit Zusatzqualifikationen.
- Der Energiepass muss sich nach dem Bedarf richten, nicht nach dem Verbrauch.
- Mit dem Gebäudeenergiepass, der auf nachvollziehbar ermittelten Bedarfswerten aufbaut, sollte Deutschland in Europa zum Trendsetter werden.
Bauboom könnte im Crash enden
China: Wachsende Sorge um Immobiliensektor und schwächelnde Börsen - Baubranche wichtigster Wachstumstreiber
Bei der privaten Geldanlage ist China noch ein Entwicklungsland. Rund 1300 Mrd. $ schlummern zu Minizinsen von 2 % auf den Sparbüchern. Bei Inflationsraten von bis zu 5 % ein Verlustgeschäft. Nur die Börse und der boomende Immobilienmarkt boten sich in jüngster Zeit als Alternative an. Doch beide sind alles andere als stabil. Der Ausflug in vermeintlich renditestärkere Anlagen könnte viele Chinesen deshalb teuer zu stehen kommen - und die Wirtschaft des Landes in eine Krise stürzen.
VDI nachrichten, Düsseldorf, 1. 7. 05 -
An den Börsen von Shanghai und Shenzhen sind die führenden Indizes Anfang Juni auf den tiefsten Stand seit Februar 1997 geplumpst. Vor kurzem gab Chinas Börsenaufsicht deshalb bekannt, dass Gesellschaften, die länger als ein Jahr notiert sind, Aktien zurückkaufen können. Mehr Nachfrage soll den schwindsüchtigen Markt stabilisieren.
Die Branche steht mit dem Rücken zur Wand, weil Chinas Börsenindizes seit Sommer 2004 unter 79 weltweit geführten Börsenbarometern am schlechtesten abschnitten. Shanghais A-Aktien-Index fiel um 25 %. Wie ernst die politische Führung die Lage an den heimischen Börsen nimmt, geht aus Meldungen hervor, wonach der Staatsrat einen Fonds mit 20 Mrd. € zur Stützung der Börse plant. Hintergrund: Etwa ein Drittel der 425 Mrd. $ Marktkapitalisierung von Chinas 1200 börsennotierten Firmen stammen aus Ersparnissen von etwa 60 Mio. Kleinaktionären.
Bedrohlich ist auch die Situation im Immobiliensektor, in den laut nationalem Statistikbüro allein im 1. Quartal dieses Jahres 28 Mrd. $ investiert wurden. Da private Haushalte rund ein Drittel dieser Investitionen finanzieren, haben Chinas Sparer in diesem Jahrzehnt - ohne gewerbliche Immobilien - 100 Mrd. $ bis 200 Mrd. $ in den brummenden Sektor gesteckt. Vielen von ihnen drohen schwere Verluste, wenn die Immobilienpreise sinken. In Shanghai und Peking rechnen Analysten mit Preiskorrekturen bis zu 30 %, bevor der Markt weiter anzieht.
Da Chinas Banken von ihren privaten Hypothekenkunden bis März nur 20 % Eigenfinanzierung verlangten, droht Millionen eine Überschuldung. Mehrere Ministerien haben seit März acht Mal neue Maßnahmen gegen eine Überhitzung des Marktes ergriffen.
Chinas Haushalte haben an den Börsen und im Immobiliensektor zusammen mindestens 250 Mrd. $ im Feuer, ein Sechstel des Bruttoinlandsproduktes. Kein Wunder, dass Peking eilig an der Börse für gutes Wetter und am Immobilienmarkt für eine sanfte Landung sorgen will. Zwar sind in Shanghai die Preise für Wohnungen im vergangenen Jahr um 26 % gestiegen und im ersten Vierteljahr 2005 um weitere 19 %. Aber die Sorge wächst, dass die Aufwärtsspirale im Crash endet.
Beobachter, wie der Chinaexperte bei Morgan Stanley in Hongkong, Andy Xie, sagen dies schon länger vorher. Nach Xies Berechnungen entspricht der Wert der im Bau befindlichen Gebäude in China einem Drittel der gegenwärtigen jährlichen Wirtschaftsleistung.
Chinas Regierung ist nicht nur besorgt über die verheerenden Wirkungen, die fallende Immobilienpreise auf die Wirtschaft haben können, vor allem auf den ohnehin angeschlagenen Bankensektor. Das Kabinett fürchtet auch, dass anhaltende Preissteigerungen selbst kleine Wohnungen für Durchschnittsverdiener unerschwinglich machen und damit soziale Spannungen schüren.
Für eine 70 qm Wohnung im Stadtzentrum von Shanghai muss eine Familie mit einem Durchschnittsverdienst von 250 $ im Monat 60 Jahre lang sparen. Ein internes Rundschreiben des Staatsrates bezeichnete im März die steigenden Immobilienpreise als Bedrohung für die Stabilität der Wirtschaft.
"Die politischen Auswirkungen einer platzenden Immobilienblase, die das Vermögen der chinesischen Mittelklasse dezimiert, könnten immens sein", warnt auch der Chinaexperte Christopher Lingle. "Baufirmen, Hersteller von Baumaterial und Hausgeräteproduzenten müssten zahlreiche Leute entlassen. Das könnte eine Menge wütende Menschen auf die Straßen bringen." Wie stark der Immobilienboom die gesamte Wirtschaft in China antreibt, zeigen offizielle Zahlen: Demnach verschlingt der Sektor 25 % des verfügbaren Stahls, 70 % des produzierten Zements und ein Viertel aller Kunststoffprodukte. M. GÄRTNER/ps
Was heißt links?
Alle schimpfen über PDS und WASG. Zeit für einen Grundkurs in linker Politik
Von Mathias Greffrath
aus der ZEIT
Das Gespenst einer Links-Partei nimmt zweistellige Gestalt an, und Panik breitet sich aus nicht nur bei Mandatsverteidigern, sondern auch bei der mittelständischen Intelligentzija. Monika Maron und Klaus Harpprecht schießen in der Welt Sperrfeuer mit Großkalibern: Nationalismus, Demagogie, Charakterfehler. Im FAZ-Feuilleton lesen wir Populistisches über »Lafontaines klotzige Villa in Saarlouis«. Und in der taz hält ein staatsalimentierter Kreativer das bloße Wort »Gewerkschafter« für ein Argument. Allenthalben argumentfreie Ausgrenzungs-rhetorik
Vulgärmarxisten könnten jauchzen: Die Sinnlieferanten der »Neuen Mitte« vertreten wie auf Knopfdruck ihr Klasseninteresse die Überflüssigen so billig wie möglich zu ernähren und den Lohn deutscher Putzfrauen von der Steuer abzusetzen, wie Peter Hartz es vorgeschlagen hat. »Die märchenhafte Gier der Mittelschichten« hat Peter Glotz das genannt.
Die Stigmatisierung der »Linkspartei« als extremismusverdächtige, unhippe Loser-Bewegung wird ihren Einzug ins Parlament nicht verhindern. Zu realistisch das Unsicherheitsgefühl in den unteren Rängen; zu tief bei allen Gewerkschaften die Überzeugung, den »strategischen Bündnispartner verloren« zu haben (DGB-Chef Sommer); zu populär die Großparole, mit der die neue sozialdemokratische Partei das ungenutzte Label »links« requiriert hat: Gerechtigkeit.
Angesichts derart heftiger Emotionen müssen wir wohl die alte Frage, was denn nun »links« im globalen Kapitalismus sei, noch einmal durchnehmen zusammen mit der neuen, ob die frisch geschmiedete Formation mittelfristig eine Alternative zur SPD werden kann.
Was also ist »links«? Zunächst das Grundsätzliche: Die Emanzipation der unteren Schichten zum Bürger ist erst vollendet, wenn neben der Freiheit von politischer Willkür und der Gleichheit vor dem Gesetz auch die Solidarität zum Grundgesetz der Gesellschaft wird. In der Industriemoderne heißt das »organische Solidarität« (Émile Durkheim): An die Stelle von moralisch motiviertem »Eintreten für die Schwachen«, Almosen und Familienbanden tritt das reale Band der Arbeitsteilung, das die Gesellschaftsgenossen einander verpflichtet. Die Kämpfe der Arbeiterbewegung hatten deshalb das Recht auf Arbeit zum Ziel, ersatzweise die Vollbeschäftigung weil nur diese die Macht des Kapitals balancieren und damit »bürgerliche Würde« schaffen kann. Das ist der Kern des linken »Egalitarismus« und nicht Einkommenspunkte. Solidarität herrscht unter Gleichen. Arbeitslosigkeit oder verordnete »Beschäftigung« in einem öffentlichen Dienst zweiter Klasse schließt Millionen von Menschen aus der Gesellschaft selbstverantwort-licher Bürger aus , genauso wie ein Grundeinkommen für Arbeitslose.
Links ist zweitens ein Sozialstaat, der »einheitliche« Lebensverhältnisse garantiert (siehe Grundgesetz-Artikel 20, 72 und 106), nicht als »Wohltaten«, sondern als Voraussetzung der Demokratie. Nur, wenn Menschen frei von existenzieller Unsicherheit sind und frei, sich zu bilden, können sie politisch frei urteilen und handeln (das war der rationale Sinn des Dreiklassenwahlrechts). Aufgeklärte Bürger wie Walter Rathenau plädierten deshalb für eine strikte Verpflichtung der Großunternehmen auf das Gemeinwohl und die konfiskatorische Besteuerung von Einkommen, die nicht aus Erwerbsarbeit resultieren und »verdienstlosen Massenerben« zugunsten der »munizipalsozialistischen« Einrichtungen und des öffentlichen Wohlstands. Solange die Lebenschancen des Einzelnen noch auf Erbe und Familie beruhen, haben wir das »menschliche Tierreich« des Marktes (Hegel) nicht verlassen, bleibt Demokratie also immer noch Aufgabe.
Und drittens hat die »linke« Idee von Fortschritt einen qualitativen Kern auch darin nicht anders als die »bürgerliche«. Nach ihr dient Technik dazu, unnötige Arbeit abzuschaffen und die Arbeitszeit aller zu verkürzen, damit Zeitwohlstand entsteht: für kulturelle Betätigung, Dienst am Nächsten und die Heilung der Wunden, die Industrie und Kapital geschlagen haben. Diese Fortschrittsidee reicht von Campanella über Marx und Keynes bis ins Berliner Programm der SPD.
So weit die Basics. Für Linke gelten sie auch im Zeitalter der Globalisierung. Allerdings unter erschwerten Bedingungen: Die Exterritorialität der großen Unternehmen und Vermögen nimmt den Staaten die Steuersouveränität; die Nationalökonomien zerfallen in einen prosperierenden internationalen Sektor, einen schrumpfenden der lokalen Produzenten und einen wachsenden der Überflüssigen. Der globale Wettbewerb des Kapitals zieht die schrankenlose Konkurrenz der Arbeiter nach sich. Die Produktivitätsrevolutionen machen die technologische Arbeitslosigkeit chronisch. Die implizite Vision des neuen Vulgärliberalismus ist die naturwüchsige Entwicklung zum weltweiten Marktstaat, in dem die Politik nur noch die Funktion hat, die Sicherheit der Finanz- und Warenströme zu garantieren, die Kriminalität zu dämpfen, Basisqualifikationen zu vermitteln, ein Staat, in dem die Demokratie auf Akklamation schrumpft.
Links ist also zuoberst eine politische Re-Regulierung der Weltmärkte. Das ist inzwischen Allgemeingut: von Wolfensohn bis Attac, von Ratzinger bis Schröder. In der Praxis haben die Steuerleute des ökonomisch-ideologischen »Imperiums« Ansätze zur Behauptung der Bürgergesellschaft gegen den Markt erfolgreich verhindert. Wie man an Lafontaine sieht, kann schon die Absichtserklärung politisch tödlich sein. An einem Neuaufbau politischer Souveränitäten aber hängen auch die anderen Jahrhundertaufgaben: der Übergang zu erneuerbaren Energien, die Linderung des Bevölkerungsdrucks, die globale Bewirtschaftung von Natur, Wasser und Rohstoffen.
Nationale Rückzüge sind angesichts dessen reaktionär. Linke sind Universalisten, sie werden also dem gewaltigen Kapitaltransfer in die armen Länder nichts entgegensetzen, ihn im Gegenteil für höchst wünschbar halten allerdings nur, wenn er den »globalen Süden« entwickelt und nicht zu einem weltweiten Verfall der Löhne und einem Abriss der Sozialstaaten bis auf die Grundfesten führt und damit zum Substanzschwund der Demokratien. Nach Lage der Dinge wäre allenfalls ein sozialdemokratisches Europa fähig, den Aufbau transnationaler politischer Körperschaften voranzutreiben aufgrund seines politischen Erbes, seiner entwickelten Staatlichkeiten, seiner guten Erfahrung mit der Delegierung von Souveränität. Und weil seine Bürger ihre historisch erarbeitete Lebensweise nicht aufgeben wollen.
»Europäisch links« wäre also eine Trippelstrategie: erstens kraftvolle Initiativen für eine neue internationale Finanz- und Handelsordnung, die es den Staaten wieder ermöglicht, Steuern einzunehmen ein langfristiges Unternehmen, das wohl nur im Gefolge schwerster Wirtschaftskrisen angegangen werden wird. Zweitens: die nur mit westeuropäischem »Wohlstandsverzicht« zu erkaufende sozialpolitische Komplettierung Europas durch transnationale Sozial- und Versicherungssysteme, ohne welche die freie Mobilität von Arbeit und Kapital die Gesellschaften immer weiter spalten wird; dazu Großprojekte, die Arbeitsplätze und nachhaltige Zukunftssicherung schaffen (etwa ein Crash-Programm für erneuerbare Energien oder Verkehrsnetze, wie Jacques Delors sie 1991 vorgeschlagen hat). Beides setzte den Mut zu industriepolitischen Inititiativen und eine Rücknahme der überzogenen Deregulierung voraus. Hier läge die große Aufgabe für eine wiedergeborene europäische Sozialdemokratie. Sie könnte auch als einzige der Neuen Mitte die Opfer interpretieren, die dazu von ihr gebracht werden müssen: ein Tausch von Konsumerweiterung gegen Zukunftssicherung, eine dynamisch-konservative Bewahrung des »European Way of Life« und die Entfaltung wissenschaftlich-technischer Kreativität. Technik, mit der sechs Milliarden Menschen leben können, und Zeitwohlstand für die frühindustrialisierten Gesellschaften das wäre die europäische Vision. Sie könnte sogar skeptische Jugendliche beleben.
Diese beiden grand left designs sind derzeit höchst unwahrscheinlich, denn sie rechnen nicht in Legislaturperioden, sondern mit Notwendigkeiten. Deshalb also der dritte Schritt: den gesellschaftlichen Spaltungstendenzen im nationalen Rahmen zu begegnen und dabei die Tür für ein modernisiertes Europa nicht zu schließen. Wo wäre also ein wahlkampftaugliches »linkes« Regierungsprogramm, das Wegmarken zu diesem Ziel setzen könnte? Seine Konturen liegen auf der Linie von Peter Bofingers Zehn-Punkte-Programm »Wohlstand für alle«, das eine Anleitung zum Bohren nahe liegender, gleichwohl dicker Bretter enthält: Koordinierung von Steuerpolitik und Sozialstandards in der EU; Senkung der Lohnnebenkosten und neue Steuern auf Körperschaften, Einkommen, Vermögen; Einbeziehung von Selbstständigen und Beamten in die Sicherungssysteme; vor allem: forcierte (notfalls kreditfinanzierte) staatliche Investitionen in Bildung und zukunftsfähige Infrastrukturen statt verpuffender Steuersenkungen; Subventionierung sozialversicherter Arbeitsplätze anstelle der Begünstigung von Tagelöhner-Jobs. Und schließlich: Lohnzuwächse nach der alten Formel »Produktivitätsentwicklung plus Inflationsrate«, damit der Binnenmarkt nicht weiterschrumpft. Die meisten dieser Punkte finden sich übrigens auch verstreut in den noch nicht ganz homogenisierten Überlegungen, die im Umkreis der WASG/PDS-Fusion angestellt werden.
Die nächste Stufe wäre dann eine allgemeine, sehr langfristig angelegte Arbeitszeitverkürzung, die dauerhaft mehr anspruchsvolle decent jobs schüfe anstelle von Dienstboten für High-Performer und unwürdiger Billigstarbeit. Die Voraussetzung dafür wäre ein Bildungssystem, das nicht nur besser qualifiziert, sondern die Menschen auch geistig befähigt, in der »freien« Zeit Tätigkeiten nachzugehen, die im humanistischen Menschenbild ohnehin weder dem Markt noch einer Staatsbürokratie unterworfen sein sollten: Kindererziehung, Altenpflege, kulturelle Eigentätigkeit. »Dreizeitgesellschaft« nannten die Grünen das einmal, und in den achtziger Jahren hielt selbst die CDU Kongresse ab, auf denen solches gedacht wurde.
Da kommt natürlich der Einwand: retro, politischer Gestaltungsgrößenwahn, kulturrevolutionäre Allmachtsfantasie. Vor allem: von den Verhältnissen, von Kulturindustrie, Sat.1 und anderen Individualisierungsmaschinen längst historisch überrollt. Da ist was dran. Aber »links« ist ein Langzeitprojekt. Und Fortschritt heißt, wie Diderot sagte: falsche Ideen vom Sockel stoßen und zu Unrecht gestürzte wieder draufstellen; oder, mit den aktuellen Worten von Michel Rocard: »Wir müssen uns wieder daran gewöhnen, Dinge zu sagen, die wir uns verboten haben aus Angst, ausgelacht zu werden.«
In Erwartung einer Koalition also, die in welcher Zusammensetzung auch immer auf der Linie Agenda 2010/Hartz IV weitermachen wird (nebst einer Mehrwertsteuererhöhung bekanntlich neben Staatsschulden der zweitstärkste Hebel indirekter Umverteilung), geht es nicht nur um das demokratische Minimalgebot, der steigenden Zahl von »Modernisierungs«-Verlierern eine parlamentarische Repräsentanz zu geben. Wichtiger wäre, darüber zu streiten, wie Gerechtigkeit organisiert werden soll, da wir sie offenbar nicht mehr durch Wachstum ersetzen können, und die sozialen Zukunftskonzepte die außerhalb der Parlamente längst vorgedacht sind in den öffentlichen Raum zu heben. Sagen wir ruhig: Nötig wäre ein parlamentarischer Arm von Attac und all den konzeptuellen Intellektuellen, die noch nicht abgeschnallt haben.
Nach Zusammensetzung und Perfomance der Newcomer, angesichts der gebrochenen innerparteilichen SPD-Dissidenten, des postmodernen Unernstes der Kulturlinken und ihrer Ferne zu den Ausdrucksformen und Sicherheitsbedürfnissen der kleinen Leute, ist die Erwartung, die neue Formation werde das leisten, nicht sehr hoch. Nur, auf Dauer ist ein Parlamentarismus unerträglich, der nicht auf der Höhe der realen Gegensätze ist wie Niklas Luhmann es schon zur Wahl von 1998 anmerkte. In einem Parlament des 21. Jahrhunderts müsste eine Partei der nationalkapitalistischen Stärkung für den Weltkmarktkrieg mit einer Fraktion konkurrieren, die, auch gegen die kurzfristigen Wünsche und Beharrungen der Bürger, deren Zukunftsinteressen vertritt und die globalen großen Aufgaben angeht. Ob die neue »Linkspartei« bei einer solchen, politisch wünschenswerten und historisch notwendigen Spaltung (aller) Parteien und ihrer Neuordnung sagen wir grob, zu einer Merz/Clement-Formation und einer Geißler/Nahles-Linie eine Katalysatoren-Rolle spielen oder ob sie die gegenwärtige Erstarrung eher verstärken wird? Das wäre doch eine wirklich interessante Frage fürs politische Feuilleton.
Zurück an die »Basis«, denn da entscheidet es sich: Wer ist heute noch links? Nun, der sechzigjährige Attac-Aktivist, der auf die Frage, wie langfristig das gedacht sei, mit der »anderen Welt, die möglich« sein soll, antwortet: »Ach, Jahrhunderte.« Die junge Verkäuferin bei Karstadt, die sagt: »Ja klar, ich würde auch zehn Prozent weniger arbeiten für zehn Prozent weniger Lohn, wenn dafür zehn Prozent mehr eingestellt würden.« Der konservative Präsident des Sparkassen-Verbandes, der die Liberalisierungspolitik von IWF und EU kritisiert, weil er kleine Selbstständige und Staat in Gefahr sieht. Der Solar-Ingenieur, der im Übrigen meint, dass die Steuern da anfallen müssen, wo die Wertschöpfung am höchsten ist also beim maschinenfixierten Kapital. Der mittelständische Unternehmer, der seine Steuerpflicht nicht exportieren kann. Die Eltern, die sich keine privaten Lehranstalten leisten können und wollen. Der promovierte, minijobbende Neo-Keynesianer ohne Sozialversicherung. Sie alle haben zurzeit keine parlamentarische Vertretung, sie alle haben einen Blick fürs Ganze. Und der ist nicht auf »links« beschränkt, sondern wahrscheinlich der kostbare säkulare Rest der alten Religion.
Spürnasen auf digitalen Spuren bewegen sich in unsicherem Gelände
Technik und Recht: Computerforensik wird im Zeitalter der Informationstechnik immer wichtiger
VDI nachrichten, Düsseldorf, 5. 8. 05 - Erpressung, Betrug, Veruntreuung, Sabotage und Diebstahl, das alles passiert heute auch per Informations- und Kommunikationstechnik. Diese dient als Tatwerkzeug, aber auch Beweise lassen sich hier finden. Für die Analyse von Festplatten, SIM-Karten oder Netzwerken braucht es die Computerforensik. Spezialisten finden noch vieles auf Datenspeichern, selbst wenn Daten gelöscht und Träger zerstört sind. Doch ihre Arbeit ist rechtlich nicht eindeutig umrissen.
Die Politik hat in diesem juristischen Feld den Durchblick noch nicht geschaffen. Zu viele Gesetze, Behörden und Ministerien betrifft der Bereich Computerforensik - immer abhängig davon, um welche Straftat, welches Umfeld, welchen Ort und nicht zuletzt um welches Ausmaß es geht.
Besteht etwa der Verdacht, ein Mitarbeiter könnte einem anderen anonym beleidigende, pöbelnde oder drohende Mails schicken, berechtigt das weder Arbeitgeber noch ein Forensik-Unternehmen per se zur Auswertung persönlicher Daten. Das verhindern Datenschutz und diverse Telekommunikationsgesetze. "In einem aktuellen Fall müssten wir an erpresserische E-Mails kommen, die drei Monate zurückliegen", erzählt der ehemalige Kriminaloberkommissar Bodo Meseke. Er ist seit August 2004 bei Ibas Deutschland für Computerforensik zuständig und leitet nun hier die Tatort- und Beweismittelsicherung in Fällen von Computer- und Wirtschaftskriminalität, Softwarepiraterie und Urheberrechtsverletzungen. "Doch wir haben keine Chance", klagt Meseke. Grund: Die Telekommunikationsanbieter dürfen oder müssen personenbezogene Daten ihrer Kunden, etwa IP-Adressen nur zu Abrechnungszwecken auf Vorrat speichern. Für Prepaid- und Flatrate-Kunden gilt dies indes nicht.
Zugleich aber schreibt beispielsweise das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz (KonTraG) zumindest Aktiengesellschaften die frühzeitige Kontrolle von Entwicklungen vor, die für das Unternehmen kritisch sein könnten und verpflichtet sie zur Ergreifung von entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen. Das wäre zum Beispiel das Führen von Log-Dateien, die die Aktionen auf den Rechnern protokollieren. Abhilfe schafft da lediglich eine Betriebsvereinbarung. "Denn wir lassen uns vom Arbeitgeber beim Vertragsabschluss versichern, dass er der rechtmäßige Besitzer der Daten ist", erläutert Peter Böhret, Geschäftsführer vom Datenrettungs- und Computerforensik-Unternehmen Kroll-Ontrack.
Klarer läge der Fall, wenn die eingeschaltete Staatsanwaltschaft mit richterlichem Beschluss die Polizei beauftragte. "Tatsächlich ist das unser täglich Brot", sagt Christian Brokert aus der BKA-Pressestelle. "Die Beschlagnahme und Auswertung von Datenträgern ist aus keinem Fall mehr wegzudenken, unabhängig von jedem denkbaren Delikt." Das scheint auch kein Wunder, denn Computer und Internet werden immer häufiger zum Tatmittel; die Rate der Computerkriminalität stieg 2004 im Vergleich zum Vorjahr um 12,2 % auf 66 973 Fälle. Der Bereich Internetkriminalität ist neu in der Kriminalstatistik und noch unvollständig, listet aber rd. 3,6 Mio. Fälle, die angezeigt wurden.
Verbraucherschützer: Elektromärkte gaukeln zu hohe Schnäppchen vor- oder: es braucht auch Dumme
Düsseldorf - Elektromärkte stellen ihren Preisen gerne die unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers gegenüber, um besonders günstig zu erscheinen. Doch jedes dritte sensationelle Schnäppchen entpuppt sich als übertrieben, wie eine am Dienstag in Düsseldorf veröffentlichte Untersuchung der Verbraucher- zentrale von Nordrhein-Westfalen ergab. Die untersuchten Läden von Saturn, MediaMarkt und ProMarkt hatten bei vielen Produkten den Listenpreis des Herstellers zu hoch angesetzt. In Wahrheit hätten die Kunden ein Viertel bis die Hälfte weniger gespart, als auf den Preisschildern angegeben, kritisierten die Verbraucher-schützer. (AFP)
Mitarbeiter legen ihre Arbeitszeit selbst fest
Flexible Arbeitszeiten: Viele Firmen verlassen sich auf Gruppen, die Arbeit selbstständig gestalten
Flexible Arbeitszeitmodelle im Rahmen der Gruppenarbeit sind nach Auffassung der Personalprofis von Koenig & Bauer, Festo und Brose, das eigentliche Erfolgsgeheimnis ihrer Unternehmen. Voraussetzung für die angestrebte Flexibilität ist meist immer die Autonomie bei Arbeitszeit, Urlaub und Qualifikation.
VDI nachrichten, Berlin, 17. 6. 05 -
Arbeitszeit blockiert Tarifkompromiss", titelten die Tageszeitungen vergangene Woche angesichts des Tarifstreits in der Druckindustrie. Lagen früher die Hoffnungen der Gewerkschaften auf der Beerdigung der 40-Stunden-Woche, soll sie nun schleunigst wieder zum Leben erweckt werden, so die aktuelle Forderung des Arbeitgeberlagers. Beim Blick auf Firmen mit erfolgreichen deutschen Produktionsstandorten können solche Schlagzeilen nur verwundern. Denn dort werden die Arbeitsstunden ihrer Mitarbeiter häufig schon gar nicht mehr gezählt. Die Antwort auf 35 oder 40 Stunden lautet bei ihnen: Flexibilität.
So beweist ausgerechnet die Koenig & Bauer AG (KBA), einer der größten Druckmaschinenhersteller weltweit, mit seinem Planeta-Bogenoffset-Werk in Radebeul bei Dresden, dass flexible Arbeitszeitmodelle im Rahmen der Gruppenarbeit das eigentliche Erfolgsgeheimnis sind. Dort werden seit 1995 über 1600 Mitarbeiter in 87 Gruppen beschäftigt und entlohnt. Voraussetzung für die angestrebte Flexibilität ist vor allem die Autonomie bei Arbeitszeit, Urlaub und Qualifikation. Die Gruppen entscheiden selbstständig, wer wo wie lange gebraucht wird. "Kommt es bei uns kurzfristig zu unvorhergesehenen Auftragsunterbrechungen, entscheiden die Gruppen darüber, Gruppenmitgliedern kurzfristig frei zu geben, um die wertvolle Arbeitszeit nicht zu verschwenden und so das Gruppenergebnis nicht zu gefährden", so Personalbereichsleiter Josef Oppmann. Schließlich bestimmt die Einhaltung der Gruppenziele darüber, ob sich der Mitarbeiter zusätzlich zu seinem Lohn noch eine Leistungsprämie verdient hat.
Dazu passt, dass auch beim Thema "individuelle Leistungsbewertung" die Vorgabe Flexibilität eine zentrale Rolle spielt und allein über 7 % der individuellen Leistungsprämie vom Tariflohn möglich macht. "Bei uns verdienen die Mitarbeiter inzwischen im Durchschnitt rund 200 € pro Monat nur an Gruppenprämie", rechnet Oppmann vor, die sich durch eine Umsatzverdreifachung seit Einführung der Gruppenarbeit bezahlt gemacht hat. Selbst die Konstruktionsabteilung wird inzwischen an Terminzielen gemessen (Oppmann: "Ein Quantensprung!").
Zeichnungen, Pläne und Fertigungsaufträge werden nun an ihrer pünktlichen Abgabe gemessen und im Erfolgsfall damit auch lohnwirksam. "Wir haben die Gruppenarbeit inzwischen so umfassend eingeführt wie kaum jemand in Deutschland und nehmen damit unseren Leuten die Ausreden." Probleme mit der Software, ein Kran an der falschen Stelle oder stotternde Teilelieferungen werden von den Mitarbeitern selbst gelöst, "anstatt sich wie früher nur über die da oben zu beschweren", so Oppmann.
Auch Pneumatikspezialist Festo hat als weltweite Nr. 2 seiner Branche die starren Arbeitszeiten samt Stechuhr abgeschafft und flexible Arbeitszeiten eingeführt: Gleitzeit mit oder ohne Kernarbeitszeit, freiwillige Nachtschichtbesetzungen, variable Pausen und individuelle Schichtpläne, dazu Kurz- und Langzeitkonten, mit denen sich jeder Mitarbeiter an die Auftragslage anpassen und seine Arbeitszeit wie auf einem Girokonto überziehen oder anlegen kann.
Kinder und Idioten brauchen unbedingt Verbraucherschützer - beide glauben doch a l l e s den G r o s s e n.
Verbraucherschützer mahnen Media Märkte wegen Rabattaktion ab
Vzbv: Preise mehrerer Produkte wurden zuvor heraufgesetzt
Berlin - Die Elektronikmarktkette Media Markt gerät wegen ihrer massiv beworbenen Rabattaktion unter dem Motto "Deutschland zahlt keine Mehrwertsteuer" zunehmend unter Beschuss von Verbraucherschützern. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) mahnte mehrere Filialen des zum Metro-Konzern gehörenden Handelsriesen am Montag wegen "irreführender Preiswerbung" ab. Beschwerden von Verbrauchern legten nahe, dass Media Märkte in Baden-Württemberg und im Saarland vor der Werbeaktion "den Preis für einige Produkte hochgesetzt haben", erläuterte vzbv-Jurist Egbert Groote. Media Markt hatte am vergangenen Montag Kunden mit dem Angebot gelockt, auf alle Waren einen Preisnachlass in Höhe der Mehrwertsteuer von 16 Prozent zu gewähren. (AFP)
RETAILKETTE TROTZ RABATTAKTION ZU TEUER
Großer Nepp beim Media Markt
Von: Karl Fröhlich
03.01.2005
Die groß angelegte Rabattaktion »kaufen ohne Mwst.« des Flächenmarktes Media Markt ist vorwiegend eine Blenderaktion. Deutschland kauft ohne Mehrwertsteuer teils deutlich teurer als im Internet oder im Fachhandel.
Mit umfangreicher Werbung hat der Media Markt für den heutigen 3. Januar eine verkappte Rabattaktion angekündigt. Auf alle Produkte gewährt der Flächenmarkt eine Preisreduzierung von 16 Prozent. Der Slogan in der Werbung: »Kaufen ohne Mwst.« hat mit Mehrwertsteuer freilich nicht viel tun, da ein Verkauf ohne die gesetzlich vorgeschriebene Mehrwertsteuer gar nicht zulässig ist. Das scheinbar attraktive Angebot entpuppt sich bei näherem Hinschauen als Ente. Dies bringt eine vor Ort Recherche in München (Drygalski-Allee) der Redaktion von CRN und speicherguide.de zu Tage.
Standardprodukte wie Kaffeemaschinen, DVDs, CDs und Spiele lassen sich günstiger ergattern. Wer spezielleres sucht, zahlt durchaus drauf. So kosten beispielsweise HP-Tintenpatronen wie die C6578de für einen Officejet G85 im Media Markt 64,99 Euro. Fachhändler bieten diese bei Amazon ab 51,99 an. Für das Saitek-Gamepad P880 besteht ebenfalls eine Preisunterschied von rund sieben Euro. Vor Weihnachten wurden beispielsweise in München vor allem Seagate-Festplatten beworben. Heute war keine einzige davon im Laden, selbiges gilt für externe Maxtor-Drives. Auf Nachfrage gab ein Verkäufer zu, dass nicht das komplette Sortiment zur Verfügung stünde.
Angeboten wurde unter anderem für 169 Euro eine externe 200-GByte-Disk von Trekstor. Bei Amazon ist dieses Laufwerk bereits ab 159 Euro erhältlich. Abzüglich der 16 Prozent spart der Media-Markt-Käufer rund 17 Euro. Ganz anders beim Panasonic »DMR-E95«. Der DVD-Rekorder mit integrierter 160-GByte-Platte kostet bei Amazon 719 Euro. Beim Media Markt ist das Gerät heute inklusive Rabatt für rund 755 Euro (Standard: 899 Euro) erhältlich.
Kaufen ohne Mwst. hört sich gut an. Für den Kunden empfiehlt es sich aber wie immer zuerst die Preise zu vergleichen. Ansonsten wird er doch verarscht. Fachhändler haben zum Teil bessere beziehungsweise vergleichbare Preise, nur wissen viele Käufer dies nicht.
"Computerbild": Große Sicherheitslücken bei Ebay
Angreifer können Nutzerdaten manipulieren
Hamburg - Beim Internetauktionshaus Ebay klaffen der Zeitschrift "Computerbild" zufolge erhebliche Sicherheitslücken. So könne ein Angreifer Nutzerdaten von Ebay-Mitgliedern ändern und in deren Namen Gebote in beliebiger Höhe abgeben, berichtete die Zeitschrift vorab aus ihrer am kommenden Montag erscheinenden Ausgabe. Das Passwort des Mitglieds müsse er dafür nicht kennen. Zudem sei es möglich, einen "Wurm" bei Ebay einzuschleusen. Dieses Schädlingsprogramm könne sich automatisch im Ebay-System vermehren und dabei Nutzerdaten und Gebote fälschen. Im schlimmsten Fall könnten durch eine Kettenreaktion tausende Auktionen und Mitgliedskonten manipuliert werden. (AFP)
Vorsicht, Kontoschnüffler!
Verbraucher: Von April an können Ämter und Behörden auf Kontodaten zugreifen - Weder Banken noch Betroffene werden informiert
VDI nachrichten, Düsseldorf, 10. 12. 04 -Kein Aprilscherz: Ab 1. 4. nächsten Jahres dürfen staatliche Stellen den Bankkunden über die Schulter schauen. Über das Bundesamt für Finanzen können sie die Stammdaten aller Konten und Depots elektronisch abfragen. Welche Ämter oder Behörden ihnen hinterher schnüffeln, sollen die Betroffenen nicht einmal erfahren. Verfassungs- schützer schlagen Alarm.
Neugier genügt: Nicht nur das Finanzamt, sondern alle, die sich von Amts wegen für das Einkommen der Bürger interessieren, können ab April auf die so genannten Stammdaten der Konten zugreifen. Auskunftsberechtigt sind etwa das Sozialamt, die örtliche Arbeitsagentur, die Bafög-Stelle, das Jugendamt oder das Amt für Wohnungsförderung. Zu den Stammdaten gehören Name, Geburtsdatum, Anschrift der Verfügungsberechtigten, die Anzahl und Nummern der Konten sowie das Datum einer Konteneröffnung und -schließung.
Als Rechtsgrundlage dient das "Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit", das unmittelbar nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in Angriff genommen wurde. "Bisher hat nur die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) Zugriff auf Stammdaten - allerdings nur mit erheblichen verfassungsrechtlichen Hürden", so Walter Weber, Vorstand und Verbandsdirektor des Genossenschaftsverbands Norddeutschland (GVN). Bei Steuerfragen müssen die Anfragen über die Banken laufen. Dass diese Hürden (siehe Kasten) ab 1. April nicht mehr gelten - obwohl viel mehr Stellen Zugriff auf die gespeicherten Daten haben sollen, ist nach Weber "rechtsstaatlich äußerst bedenklich".
Banken, Verfassungsrechtler und Datenschützer schlagen Alarm. Die im GVN zusammengeschlossenen 170 Genossenschaftsbanken begleiten - gestärkt durch ein Gutachten des Hamburger Rechtswissenschaftlers Erich Samson, das "eindeutig" die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung belegt - die klagende Volksbank Raesfeld vor das Bundesverfassungsgericht. "Denn der Staat überwacht damit die wirtschaftliche Betätigung seiner Bürger", so Samson. Nach Kathrin Berberich, Justiziarin des GVN, sind die Banken verpflichtet, die Stammdaten der Kunden stets auf aktuellstem Stand zu halten und sicher zu stellen, dass die staatliche Aufsicht jederzeit Zugriff zu den Daten hat. "Damit handelt es sich faktisch um Daten des Bundes", so Rechtswissenschaftler Samson. Endgültig ausgehebelt wäre damit das Bankgeheimnis. Schon das Sammeln von etwa 500 Mio. Daten verstoße gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
Erinnerungen an die letzte Volkszählung werden wach: 1983 stoppte Karlsruhe die Volkszählung. Die obersten Richter erklärten damals jede Rechtsverordnung für verfassungswidrig, in der Bürger nicht mehr wissen, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß. Das Gericht sprach den Bürgern das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu.
Peter Schaar, Bundesbeauftragter für Datenschutz, fordert Nachbesserungen an der neuen Regelung. Scharfe Kritik an dem rot-grünen Gesetz übt auch die FDP-Politikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Sie wirft der Bundesregierung vor, sich von den Prinzipien des Rechtsstaats zu verabschieden, da die Behörden ohne Verpflichtung zur Unterrichtung der betroffenen Bürger oder der Banken den Kontenzugriff vollziehen können. Die ehemalige Bundesjustizministerin fordert, das Gesetz zunächst auf Eis zu legen bis eine Entscheidung aus Karlsruhe vorliegt.
Verfassungsbeschwerde hat auch Peter Bohnenkamp, Anwalt und Notar im westfälischen Borken, eingelegt. Bohnenkamp hält es für äußerst bedenklich, dass kein richterlicher Beschluss für eine Abfrage notwendig ist. Vielmehr könne jeder Behördensachbearbeiter tätig werden. Und - "die Heimlichkeit ist das Unheimliche", so Bohnenkamp. Jeder Missbrauch bliebe wohl unentdeckt.
DIETER HEUMANN/ps
"SuperC" geht schnell in die Tiefe
Energie: In der Aachener City entsteht ein Erdwärmekraftwerk - Wärme aus 2500 m Tiefe soll ein Großgebäude heizen
VDI nachrichten, Aachen, 12. 11. 04 - Die Bohrarbeiten für die 2500 m tiefe Erdwärmesonde an der RWTH Aachen stehen kurz vor dem Abschluss. Bei dem Pionierprojekt geht es neben dem Nachweis der Wirtschaftlichkeit auch um die Erprobung spezieller Bohrtechniken. Die Erdwärme aus großer Tiefe soll künftig rund 80 % des Wärme- und Kältebedarfs eines neuen Servicezentrums für Studenten decken.
Auf dem Bohrplatz direkt neben dem altehrwürdigen Hauptgebäude der RWTH Aachen im Herzen der Domstadt herrscht reges Treiben. Zwischen blauen Baucontainern ragt der 34 m hohe Mast der Bohranlage auf: das Wahrzeichen des Geothermie-Projektes der Hochschule. An der Stelle soll in drei Jahren ein achtstöckiges Servicezentrum für Studenten mit insgesamt 7400 m2 Nutzfläche stehen.
Das sich dann in der Seitenansicht wie ein überdimensionales "C" präsentierende Gebäude ist Namenspatron für das Vorhaben "SuperC", einer 2500 m tiefen Erdwärmesonde. Für diese Tiefe sagen geologische Modelle Gesteinstemperaturen zwischen 70 °C und 85 °C voraus. Damit kommt die Sonde auf eine thermische Leistung von 450 kW. "Das reicht, um rund 80 % des Wärme- und Kältebedarfs des Gebäudes zu decken; so viel wie 200 Einfamilienhäuser benötigen würden", erläutert der RWTH-Baudezernent Ulrich Glaube.
Zunächst wird dazu kaltes Wasser in einem äußeren Ringspalt der Sonde in die Tiefe geleitet. Dort erwärmt es sich auf rund 70 °C. Über ein zentrales Steigrohr wird das Wasser dann in das Energieversorgungssystem des Gebäudes eingespeist. Hier durchläuft es in einem Kaskadensystem nacheinander die Warmwasserbereitung, Konvektoren, Fußbodenheizung und Deckenheizkörper. Im Sommer wird die Erdwärme über eine Adsorptionskältemaschine zur Gebäudekühlung genutzt. Zudem erspart die Gratiswärme aus dem Erdinnern der Universität jährlich die Emission von rund 300 t Kohlendioxid.
Die Tiefbohrung ist ein Demonstrationsprojekt, "bei dem erstmals die Versorgung eines Großgebäudes direkt am Ort des Abnehmers erschlossen wird", sagt Glaube. Das von der EU, dem Land NRW und der RWTH mit insgesamt 5,1 Mio. € ausgestattete Projekt soll den wirtschaftlichen Einsatz der Geothermie in Bürogebäuden demonstrieren. Die Hochschule rechnet mit einer Betriebsdauer der Sonde von 30 Jahren und mit Wärmegestehungskosten unterhalb von 50 €/MWh. Zugleich ist "SuperC" technische und organisatorische Herausforderung, denn gebohrt wird mitten in der Aachener City auf engstem Raum und rund um die Uhr.
Um die Lärmbelästigung für die Anwohner so gering wie möglich zu halten, kommen schallgedämmte Dieselaggregate und eine drehtischgetriebene Bohranlage zum Einsatz. Die Bohrspülung wird gleich an Ort und Stelle aufbereitet und dann zwischengelagert. So hält sich der Bauverkehr in Grenzen. Zudem interessieren sich die Geologen der RWTH für die Gesteinsbruchstücke aus der Tiefe, die mit dem Gemisch aus Wasser und Gesteinsmehl ans Tageslicht befördert werden.
Die Bohrstelle liegt genau über einer geologischen Störung mit starken Verfaltungen im Untergrund, wie die gezogenen Bohrkerne zeigen. Den Besonderheiten im Untergrund verdankt die Stadt Aachen ihre berühmten Thermalquellen. Ihr Schutz stellt eine weitere Herausforderung an das Projekt dar. So werden alle potenziell wassergefährdenden Stoffe wie der für die Stromaggregate benötigte Dieselkraftstoff in havariesicheren Behältern untergebracht. "Das von uns eingesetzte Bohrverfahren berücksichtigt nicht nur die speziellen Anforderungen der tiefen Erdwärmesonde. Es stellt auch sicher, dass die im Gestein zirkulierenden Thermalwässer durch die Bohrung nicht beeinflusst werden", sagt RWTH-Ingenieur Martin Karad, der die Bohrarbeiten überwacht.
Ein zunächst eingebrachtes 20 m tiefes Standrohr verhindert, dass Bohrspülung austritt und die Bohranlage unterspült. Mit einem Meißel, dessen Durchmesser etwas kleiner als die Verrohrung ist, geht es dann weiter in die Tiefe. Um den Einbruch von Gestein zu verhindern, wird abschnittsweise ein Stahlrohr in das Bohrloch eingebaut. Ein Spezialzement verbindet den Schutz fest mit dem Gesteinskörper. Allerdings müssen dazu zunächst Bohrgestänge und -meißel ausgebaut werden. Im Laufe der fortschreitenden Verrohrung verringert sich der Durchmesser der Bohrung von zunächst etwa 60 cm auf knapp 20 cm beim Erreichen der Endteufe. "Bildlich gesprochen ähnelt die Verrohrung einer auf dem Kopf stehenden Teleskopantenne", erklärt Karad.
Im Laufe des Novembers, so rechnen die Aachener Ingenieure, ist die 2500-m-Marke erreicht. Erst dann werden glasfasergestützte Messungen zeigen, ob die Temperaturvorhersagen stimmen. "Mit großen Überraschungen rechnen wir aber nicht", sagt Ulrich Gaube. "Ein paar Grad nach oben oder unten haben auf das Geothermiekonzept keine nennenswerten Auswirkungen."SILVIA VON DER WEIDEN
Datenschutz im Eigenbau
Datenschutz: Neue Regelungen in der Telekommunikation
VDI nachrichten, Düsseldorf, 12. 11. 04 -Ab Mitte nächsten Jahres sollten Verbraucher sich mit einigen Widerspruchsformularen wappnen. Sie dürften sie bei ihren Anbietern von Mobilfunk-, Internet- und Telefondiensten brauchen. Schließlich sehen die Daten- schutzregelungen des neuen Telekommunikationsgesetzes vor, dass die Kunden sich verstärkt selbst um den Schutz ihrer Daten kümmern müssen.
Datenschutz ist möglich, doch nur wenn Kunden darauf ausdrücklich Wert legen, so lautet der Tenor der kommenden Gesetzgebung in der Telekommunkation. Auf dem Symposium "Datenschutz in der Telekommunikation und bei Telediensten" des Bundesdatenschutzbeauftragten in Bonn Ende letzter Woche stellte Winfried Ulmen, zuständiger Referent im Bundeswirtschaftsministerium, die Neuerungen vor, die in einer Reihe von Rechtsverordnungen im Sommer 2005 erlassen werden sollen.
Telekommunikationsunternehmen dürfen künftig Bestandsdaten wie Name und Adresse zu Werbezwecken verwenden. Kunden dürfen also Post, E-Mails oder SMS-Nachrichten ihres Anbieters erhalten. "Zulässig ist dies nur, wenn eine laufende Geschäftsbeziehung vorliegt", erklärte Ulmen. Mit der neuen Regelung will das Bundeswirtschaftsministerium Unternehmen Geschäftsmöglichkeiten eröffnen. Ulmen betonte aber auch, dass dies nicht mit einer Öffnung für kundenspezifische Werbung mit persönlichen Profilen verbunden sei.
Standortdaten dürfen verwendet werden, wenn der Kunde eingewilligt hat. Auch müssen Mitbenutzer darüber informiert werden. Wie diese Einwilligung erfolgen soll, ist nicht geregelt. Die Unternehmen könnten dies also auch innerhalb eines Rahmenvertrags regeln. "Im Einzelfall soll die Übermittlung von Standortdaten unterdrückt werden können", versprach Ulmen. Künftig ist die elektronische Einwilligung weiterhin möglich. Doch sie kann nicht mehr innerhalb einer Woche zurückgenommen werden, wie es bis dato laut § 4 Telekommunikations-Datenschutzverordnung (TDSV) erlaubt war.
Bislang konnten Telefonkunden die Angabe der Anschrift im Telefonbuch zulassen, im elektronischen Verzeichnis jedoch ausschließen. Künftig müssen Eintragungen in elektronischen und gedruckten Teilnehmerverzeichnissen übereinstimmen. Freigestellt bleibt nur, ob überhaupt eine Eintragung erfolgen soll.
Auch die Inverssuche, also die Auskunft über Namen oder Anschrift, wenn lediglich die Telefonnummer bekannt ist, ist künftig grundsätzlich zulässig. Die Kunden können allerdings Widerspruch einlegen.
Bislang wurden grundsätzlich die letzten drei Ziffern von Telefonnummern beziehungsweise von Verkehrsdaten gekürzt. Aus Gründen des Verbraucherschutzes werden nur 0190er Nummern hiervon ausgenommen. Künftig werden die Daten ungekürzt maximal sechs Monate gespeichert. Nur auf Wunsch der Teilnehmer werden die Daten gekürzt.
Eine pauschale Vorratsspeicherung der Verkehrsdaten ist noch ausgeschlossen. Sowohl das Bundeswirtschafts- als auch das Bundesjustizministerium sind gegen die von Strafverfolgern europaweit erhobene Zwangsspeicherung. Da Entscheidungen in den Bereichen der Justiz und Inneres einstimmig erfolgen müssen, hat das Veto Deutschlands Bestand. Wird die Angelegenheit jedoch in den Bereich Binnenmarkt verlagert, wo Mehrheitsentscheidungen zählen, könnte die Vorratsspeicherung gegen den Willen Deutschlands doch noch deutsches Recht werden.
Während nur öffentliche Telekommunikationsanbieter technische Überwachungseinrichtungen vorhalten müssen, sind auch geschäftsmäßige Anbieter zur Auskunft gegenüber Strafverfolgern, Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst, MAD, Zoll, Notrufabfragestellen und Schwarzarbeitfahndern verpflichtet. Sie müssen zu Name, Anschrift, Rufnummer, Anschlusslage und Vertragsbeginn Auskunft geben, selbst bei Prepaid-Kunden. Allerdings müssen die Anbieter wie ihre Vertriebspartner hierfür keine besondere Ausweiskontrolle vornehmen.
Verbesserungen wird es hingegen im Bereich des "Großen Lauschangriffs" geben. Auf einem Experten-Symposium des Bundesdatenschutzbeauftragten Anfang dieser Woche wurde deutlich, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur akustischen Wohnraumüberwachung vom 3. März 2004 zahlreiche gesetzgeberische Nacharbeiten nach sich ziehen wird. Keines der Polizei- und Verfassungsschutzgesetze des Bundes und der Länder enthält nämlich bislang Vorschriften zum Schutz des "absolut geschützten Kernbereichs privater Lebensgestaltung". Das Urteil wirkt sich damit auch auf die aktuelle politische Debatte aus. Die Regierungsfraktionen wollen noch in diesem Jahr Eckpunkte für eine vollständige Überarbeitung der Telefonüberwachung vorstellen.
C. SCHULTZKI-HADDOUTI
Sicherheitsbewusstsein im Mittelstand leider nur mäßig
IT-Sicherheit: Antivirensoftware und Firewalls allein reichen nicht mehr aus im Kampf gegen Würmer und Viren. Im Zeitalter drahtloser Netzwerke nimmt die Bedrohung von außen exponentiell zu
VDI nachrichten, Düsseldorf, 12. 11. 04 -Mittelständische und kleine Firmen (KMU) sind gegen Angriffe auf ihr Firmennetz schlecht gerüstet, so die generelle Aussage aktueller Studien. Doch nicht nur die reine IT-Sicherheit, sondern auch die Vernetzung mit Auftraggebern und Kunden sollte allein Motivation sein, sich mit den Thema zu beschäftigen - zudem IT-Sicherheit immer kostengünstiger wird und auch zu mieten ist.
Zwei von 10 deutschen IT-Sicherheitsexperten halten die eigene Organisation für nicht ausreichend gegen Gefahren für IT-Infrastruktur, Anwendungen und Daten geschützt. 89 % sehen sogar die deutsche Wirtschaft durch Sicherheitsmängel bedroht, ergab eine Studie des BSI.
Wenn es darum geht, eine IT Sicherheitsrichtlinie zu formulieren und umzusetzen und die Mitarbeiter in diesem Bereich zu schulen, liegen KMU laut Marktforschungsinstitut Forrester Research weit zurück. "Und schon heute registrieren 90 % aller Unternehmen Einbrüche in ihre Netzwerke. Wir können bis zum Jahr 2010 um die 14 Mrd. an das Internet angeschlossene Geräte und bis Ende nächsten Jahres bis zu 35 Mio. Benutzer mit Fernzugriff über das Internet erwarten. Die Bedrohung wird damit exponentiell steigen", ergänzt Microsofts Security Marketing Manager Dominik Langrehr.
Microsoft als Zielscheibe der meisten Attacken führte bereits im Oktober 2001 das Strategic Technology Protection Programme ein, das zunächst die wesentlichen Sicherheitslücken im Windows 2000 Server sowie im Internet Information Server schließen sollte. "ISA-Server 2004 erweitert nun diese Funktionalität durch eine verbesserte Sicherheitsarchitektur, die bis in die Anwendungsschicht greift. Basis des hohen Sicherheitslevels der Firewall sind Application-Layer-Filtering-Funktionen sowie die vollständige Filterung des VPN-Datenverkehrs", stellt Langrehr fest. Die Software ist vorinstalliert auf so genannten Appliances, kleinen Computern für den Internetzugang. Diese gibt es vier in Varianten - als dedizierte Firewall, VPN- oder Webcache sowie als integrierter Security Server mit vollem Funktionsumfang.
"Eine Firewall ist ein Verteidigungsmechanismus nach außen, aber Notebooks, Wireless-Netzwerke und andere häufig eingesetzte Technologien öffnen viele Hintertüren zum Netzwerk eines Unternehmens. Die Würmer und Trojaner, von denen viele Unternehmen heimgesucht werden, verschaffen sich oft über die Notebooks der Mitarbeiter Zutritt zum System", erläutert Günter H. Hirschmann, geschäftsführender Gesellschafter der Dortmunder eSe Security GmbH. "Deshalb ist es wichtig, eine klar definierte Sicherheitsrichtlinie zu haben, in die das Personal durch Schulungen eingeführt wird. Der menschliche Faktor ist hier von entscheidender Bedeutung",
Das Unternehmen hat mit En.Gate eine Sicherheitslösung entwickelt, die nicht nur das Unternehmensnetzwerk vor Angriffen von außen schützt, sondern auch dabei hilft, eine IT-Sicherheitsrichtlinie zu formulieren, die Mitarbeiter zu schulen und regelmäßige Sicherheitschecks durchzuführen. Der En.Gate-Dienst ist jedoch kein Outsourcing-Modell. Nach Integration der IT-Security Appliance in das IT-Netz des Kunden erstellt die Software eine unternehmensspezifische Sicherheitsrichtlinie, nach der sich die Security Appliance automatisch konfiguriert. "Unsere Lösung bezieht neben der IT-Infrastruktur auch den Risikofaktor Mensch mit ein. Und wer seine IT-Infrastruktur nach der international anerkannten ISO Norm 17799 für Informationssicherheit ausrichtet, wird von Kreditinstituten beim Rating nach Basel II besser bewertet", unterstreicht Hirschmann die weitreichenden Auswirkungen.ACHIM SCHARF
TuL warnt: Gefälschte Radeon-Grafikkarten im Umlauf Kommentare
Die TuL Corporation, taiwanischer Hersteller von Grafikkarten und Mainboards, warnt vor gefälschten PowerColor Radeon-9600-Pro-Grafikkarten. TuL hatte bereits im Juni den Vertrieb entsprechender Produkte eingestellt. Vor kurzem sind im Einzelhandel 9600-Pro-Boards unter dem Namen PowerColor aufgetaucht, für deren Vertrieb TuL nicht verantwortlich ist. Diese Karten seien Fälschungen und zudem mit untereinander nicht kompatiblen ATI-Chips bestückt, so das Unternehmen. TuL reagierte bereits und warnte die Handelspartner vor den Plagiaten. Zusätzlich veröffentliche das Unternehmen auf seiner Homepage eine Stellungnahme, die sich an Endkunden richtet. Als Präventivmaßnahme will der Hersteller künftig seine Produkte mit einem fälschungssicheren Siegel ausstatten, das die Identifizierung von PowerColor-Originalen erleichtern soll. (mh) http://www.tul.com.tw
Polen lockt deutsche Unternehmer
Standortwahl im Ausland: Wer zu spät kommt, den straft die Konkurrenz
VDI nachrichten, Düsseldorf, 17. 9. 04 - Seit dem 1. Mai 2004 treten die neuen EU-Mitglieder aus Mittel- und Osteuropa gegen die etablierten Standorte Westeuropas an. Die Neulinge bieten eine attraktive Kombination von Standortvorteilen: niedrige Lohnkosten, EU-Fördermittel und die Aussicht auf eine baldige Anpassung des Investitionsumfelds an EU-Standards.
Die deutsche Industrie stimmt im internationalen Standortwettbewerb zunehmend mit den Füßen ab: Nach einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) plant jedes vierte Industrieunternehmen, in den nächsten drei Jahren Teile der Produktion ins Ausland zu verlagern.
Ungeachtet der öffentlichen Diskussion ist der eigene Produktionsstandort im Ausland schon lange für viele Unternehmen die einzige Möglichkeit, mit den Preisen der ausländischen Konkurrenz mitzuhalten - und damit nicht zuletzt auch die eigenen Arbeitsplätze im Inland zu sichern. Oft ist der Verlust eines wichtigen Auftrages an einen günstigeren Konkurrenten der Auslöser für eine Neubewertung der eigenen Standortsituation.
Die Wahl eines Standortes im Ausland ist jedoch für die meisten Unternehmen keine alltägliche Aufgabe, Erfahrungswerte liegen oft nicht vor. In der derzeitigen wirtschaftlichen Lage bleibt neben der Führung des Unternehmens kaum Zeit für eine zweite Vollzeit-Beschäftigung: die Wahl eines optimalen Standortes für das Unternehmen. Da das Tagesgeschäft jedoch nicht vernachlässigt werden soll, greifen viele Unternehmen entweder ganz oder teilweise auf externe Experten zurück.
In vielen mittelständischen Unternehmen hingegen wird die Standortwahl mit eigenen Mitteln neben dem Tagesgeschäft her betrieben. Der Suchprozess zieht sich daher nicht selten über mehrere Jahre hin oder wird in vielen Fällen sogar ergebnislos abgebrochen. Doch in diesem Fall ist keine Entscheidung oft besser als eine falsche Standortentscheidung. Denn Fehler bei der Standortwahl gehören zu den wenigen Entscheidungen, die später kaum rückgängig zu machen sind. Mit der nachfolgend beschriebenen Methodik lassen sich unserer Erfahrung nach jedoch gute Ergebnisse erzielen.
1. Phase: Welcher Suchradius ist sinnvoll?
Um die Standortwahl systematisch und mit akzeptablem Aufwand zum Erfolg zu führen, empfiehlt sich ein dreistufiges Verfahren. In der ersten Phase sind die Länder zu bestimmen, die grundsätzlich für die avisierte Investition in Betracht kommen. Die maximale Entfernung des Unternehmens zu Lieferanten und Absatzmärkten sollte die Suche räumlich eingrenzen. Wichtig sind zudem klare Kenntnisse über die langfristige politische und volkswirtschaftliche Situation im Land. Ein unberechenbarer Verlauf der Inflationsrate kombiniert mit Wechselkursschwankungen hat schon manche Investitionsrechnung zur Makulatur gemacht. Am Ende sollte eine Grobauswahl von etwa zehn Ländern stehen.
2. Phase: Welche Standortfaktoren sind entscheidend?
In der zweiten Phase konzentriert sich die Analyse auf die relevanten Standortfaktoren der Länder. Je nach Zielsetzung stehen Kaufkraft, Lohnkosten oder Qualifizierung der Arbeitskräfte im Vordergrund. Auch die Steuerbelastung sollte bereits jetzt untersucht werden: Die 19 % "flat tax" (Körperschafts-, Einkommens- und Mehrwertsteuer) der Slowakei sind derzeit der Maßstab, an dem sich andere Standorte messen lassen müssen. Aber auch Estland, Lettland, Litauen und Polen haben im Steuerwettbewerb die Konditionen für Investoren deutlich verbessert. Neben dem steuerlichen Aspekt spielen auch Fördermittel eine Rolle. In Regionen, in denen in manchen Fällen bis zu 50 % der Investitionssumme als nicht rückzahlbarer Zuschuss winken, rechnet sich auch manche kapitalintensive Investition.
In dieser Phase ist die Qualität der erhobenen Daten entscheidend. Im Internet leicht zugängliche, nationale Daten reichen meist nicht aus. Lohnkosten können innerhalb eines Landes um 50 % und mehr variieren - je nach Branche sind am selben Ort erhebliche Lohnunterschiede möglich. Fördermittel sind oft an komplexe Bedingungen geknüpft, die es im Voraus zu kennen gilt.
Die Analyse sollte unbedingt auf unabhängigen und qualitativ hochwertigen Quellen basieren. Ohne solide und ausreichend spezifische Daten wird die Standortwahl im Ausland unweigerlich zum Stochern im Nebel. Am Ende der zweiten Phase bleiben zwei bis vier Standorte übrig.
3. Phase: Wie sieht die Investitionsrechnung am neuen Standort aus?
In der dritten und entscheidenden Phase der Standortwahl wird die geplante Auslandsinvestition an diesen zwei bis vier Standorten abgebildet. Die Investitionsrechnung oder die Kostenstruktur der Produktion ist auf den neuen Standort zu übertragen. Eine Modellierung der Cash-Flows der Investition an den verschiedenen Standortalternativen berechnet annäherungsweise die zu erwartenden Renditen und Kostensenkungspotenziale. Es entsteht nun ein Gesamtbild der Vor- und Nachteile eines Standortes. Erst jetzt zeigt sich, wie sich die gern beworbenen Vorteile des Landes tatsächlich auf die Gesamtkosten der Produktion auswirken.
Das folgende vereinfachte Beispiel zeigt die Bedeutung dieser entscheidenden Phase:
Bei einem typischen westdeutschen mittelständischen Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe haben die Lohnkosten einen Anteil von etwa 30 % an den Gesamtkosten. Die Lohnkosten in den mittel- und osteuropäischen Ländern liegen im Durchschnitt um 80 % bis 90 % unter denen in Westdeutschland.
Die Gesamtkosten dieses Mittelständlers (alle anderen Faktoren bleiben gleich) wären am neuen Standort um 21 % bis 29 % niedriger als bisher. Allerdings würden sich auch weitere Faktoren ändern: Produktivität, Transportkosten, Finanzierungskosten und andere Aspekte müssten ebenfalls berücksichtigt werden und können das Ausmaß der Kostenreduzierung verändern. Erst das Zusammenführen aller Informationen in der Cash-Flow-Modellierung ergibt ein realitätsnahes Bild als Grundlage für eine Standortentscheidung.
Mit der richtigen Entscheidung lassen sich dann unter Umständen über Jahre erhebliche Kostensenkungspotenziale realisieren.
AXEL BRUGGER
Der Autor ist Experte für Standortwahl im In- und Ausland bei PricewaterhouseCoopers in Hamburg
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Verbraucher: Von April an können Ämter und Behörden auf Kontodaten zugreifen - Weder Banken noch Betroffene werden informiert
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"Techannel": McAfee warnt vor zunehmenden Bot-Angriffen |
Bot-Programme sowie Ad- und Spyware gehörten zu den überwiegenden Bedrohungen im zweiten Quartal 2005. Diese Bilanz zieht das Antivirus Emergency Response Team (Avert) des Antivirenexperten McAfee.
Bots, die unauffällig die Kontrolle über Heim- und Unternehmensrechner übernehmen, sind laut Avert für Angriffe verantwortlich, die ohne Wissen des Anwenders gestartet werden.
Die Zahl derartiger Angriffe stieg den Experten zufolge gegenüber dem ersten Quartal um 303 Prozent. Geschöpfe mit Namen wie "Gaobots", "Mytobs", "Polybots" und "Sdbots" sind verantwortlich dafür, dass die Gesamtzahl der Vorfälle um 3000 auf nun 13.000 gestiegen ist.
Außerdem versuchen Angreifer immer öfter, PCs ihrer Opfer zu kapern, indem sie eine Backdoor einschleusen. Wie Vincent Gullotto, Vice President von Avert, erklärt, nahm die Zahl derartiger Vorfälle bis zur Jahresmitte um 63 Prozent gegenüber der Gesamtmenge des Jahres 2004 zu. Häufig wird in der Folge Ad- oder Spyware auf das Zielsystem geladen. Dieses Problem wird aus Sicht von Avert immer gravierender für Unternehmen und wird in Zukunft sogar noch zunehmen. Schuld daran sind unter anderem Würmer der "Mytob"-Familie, von denen die Rechner der Anwender mit Hunderten von Adware-Arten geradezu überschwemmt wurden.
(Martin Seiler/uba)
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