In China droht ein Manager-Mangel
China: Top-Manager und Ingenieure gesucht
VDI nachrichten, Hongkong, 28. 10 . 05 - China hat ein Problem: Das starke Wachstum führt dazu, dass in chinesischen Firmen Fach- und Führungskräfte fehlen. McKinsey hat ausgerechnet, dass 75 000 international versierte Manager nötig sind, um die für die kommenden Jahre gesteckten Ziele zu erreichen. Dem stünden aber bestenfalls 5000 geeignete Kandidaten aus den eigenen Land gegenüber. Weiterbildungen und die Öffnung für Fachkräfte aus dem Ausland sollen Abhilfe schaffen.
Für George Guo ist es eines der größten Probleme in seinem Unternehmen: "Geeignete Führungskräfte zu finden, das ist jetzt eine unserer ersten Prioritäten", versichert der Managing Director der TCL Communications Technology Holdings in Hongkong, die nach der Übernahme der französischen Thomson Multimedia zu einem Top-Akteur bei Fernsehgeräten und Handys avancierte. Er setzt den Akzent auf "geeignete Manager", der Brückenschlag zu den Franzosen bescherte der Gruppe vorerst vor allem Kopfschmerzen und rote Zahlen. In den Sparten Forschung und Entwicklung, Produktion sowie Marketing und Vertrieb waren Guo und seine Kollegen aufgrund der engen Personalsituation zunächst alles andere als begeistert.
Im Eiltempo sollten Fachkräfte aus- und weitergebildet werden. "Wir senden eine Gruppe unserer Top-Manager für einige Zeit nach Europa, damit sie vor Ort so schnell und so gut es eben geht mit den dortigen Gegebenheiten vertraut werden", ließ Vincent Yan, der Chef des Bereiches Multimedia der TCL, noch im Frühjahr wissen. Das reichte aber nicht aus. "Hier sind Crash-Kurse erforderlich", kommentiert Andrew Tsui, Chef des internationalen Consulting-Giganten Korn Ferry in Hongkong.
Als "Preis für hochrasantes Wachstum" bezeichnet Ivo Hahn die Entwicklung. "Mit der chinesischen Wirtschaft auf einem jährlichen Wachstumspfad von 9 % und mehr expandieren eben auch die dortigen Unternehmen sehr schnell, auch auf internationaler Ebene", sagt der CEO der auf Personalprobleme spezialisierten Consultingfirma Xecutive in Hongkong. "Gute Leute fehlen und das beschert einer zunehmenden Zahl nicht nur chinesischer Unternehmen und Konzerne Probleme, die es in sich haben." Dazu zählen laut Hahn auch die Finanzwirtschaft, die Logistik, der Tourismus, aber auch eine große Zahl international eingebundener Firmen aus dem produzierenden Bereich.
20 Jahre der wirtschaftlichen Öffnung des Landes reichten nicht aus, um ausreichend Personal für mittlere und Top-Positionen zu schaffen, zu diesem Ergebnis kommen übereinstimmend seine Branchenkollegen von Korn Ferry, KPMG oder Hewlett Associates. Hinzu komme, dass wegen des Kahlschlags der Kulturrevolution im Bildungsbereich in den 60er und 70er Jahren nun erst die erste chinesische Managergeneration heranwachse.
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7 % bis 8 % der weltweiten Produktion bringt derzeit China an den Markt, in 20 Jahren sollen es 25 % sein. "Das heißt, der Druck auch im oberen Personalbereich wird nicht abnehmen", folgert Tsui. Während es im Top-Management düster aussieht, stellt sich das Bild bei den Berufseinsteigern und Nachwuchsfachkräften weniger dramatisch dar. 3,4 Mio. Studierende schließen in diesem Jahr ihr Studium an chinesischen Universitäten ab und ein gutes Drittel sind Ingenieure und Fertigungsmanager. Der Wettbewerb um den Eintritt in internationale Firmen und Konzerne ist lebhaft. Nach einer Studie mehrerer chinesischer Universitäten blieb bis Mitte dieses Jahres noch die Hälfte der Absolventen von 2003 bei der Jobsuche erfolglos. Nicht selten, weil es um die englischen Sprachkenntnisse nicht ausreichend gut bestellt ist, oder auch die Ansprüche zu hoch hingen. Ivo Hahn: "Aber bereits in der Arena des mittleren Managements hört das Gedrängel auf." Die Beratungsgesellschaft McKinsey hat ausgerechnet, dass allein die chinesischen Konzerne auf internationalem Parkett 75 000 international versierte Führungskräfte brauchen, um für die kommenden zehn bis 15 Jahre gerüstet zu sein. Dem stünden derzeit bestenfalls ganze 5000 Kandidaten entgegen, hieß es.
Bereiche, auf denen vor allem zugelegt werden muss, seien die Softwareentwicklung und -vermarktung. "Wir haben einige tausend Softwarefirmen, die alles in allem um die 250 000 Leute beschäftigen", rechnet Hu Zuiqiang, der Vizepräsident des Colleges der Chinese Academy of Sciences in Peking, vor. "Firmen mit mehr als tausend Beschäftigten sind sehr rar." Hochschulen wie die Beijing University legen nach Kooperationen mit beispielsweise Motorola, IBM und Microsoft neue Ausbildungsprogramme auf, um das Fachkräfte- und Führungskräfte-Dilemma zu beheben. Um die 10 000 Master of Software Engineering sollen ab 2008 jährlich die Hochschulen verlassen.
Um 6 % Gehalt haben Führungskräfte im Schnitt in allen Branchen in diesem Jahr nach einer Studie der Consultinggruppe Hewitt Associates in China mehr verdient. Zwischen 25 000 und 35 000 Dollar kann mittlerweile ein chinesischer Manager in einer mittleren Position in Schanghai, Peking oder Shenzhen monatlich verdienen. Das bremst allerdings die Fluktuation in den Firmen wenig. Jeder zehnte Manager wechselte im letzten Jahr beispielsweise in der Stadt Shenzhen den Arbeitgeber. Landesweit sind es 11 %, drei Jahre zuvor waren es noch 8 %.
Deshalb sind auch die Zeitungen in Hongkong, Singapur und anderswo in Südostasien voll mit Jobangeboten für mittlere und Top-Jobs in China. "In der gesamten Region werden Talente mit chinesischen Sprachkenntnissen gesucht, um die Lücken zu füllen", sagt Hui. Die zweite Option ist der Rückgriff auf chinesische Absolventen westlicher, vor allem amerikanischer Colleges und Universitäten.
Der Ernst der Lage ist auch in Peking verstanden worden. Selbst Top-Jobs staatlicher Unternehmen dürfen nun mit nicht-heimischen Talenten besetzt werden und in den Chefetagen einiger gewichtiger Gruppen sind zunehmend auch Europäer, Japaner und Amerikaner zu sehen. "Die drückende Personalsituation zwingt zu allen möglichen pragmatischen Lösungen, junge Leute mit ambitionierten Karriereplänen in der Unternehmenswelt auch in Europa sind nicht schlecht beraten, Mandarin-Sprachkenntnisse aufzubauen", sagt Tsui. JAN HOEHN
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"Techannel": McAfee warnt vor zunehmenden Bot-Angriffen |
Bot-Programme sowie Ad- und Spyware gehörten zu den überwiegenden Bedrohungen im zweiten Quartal 2005. Diese Bilanz zieht das Antivirus Emergency Response Team (Avert) des Antivirenexperten McAfee.
Bots, die unauffällig die Kontrolle über Heim- und Unternehmensrechner übernehmen, sind laut Avert für Angriffe verantwortlich, die ohne Wissen des Anwenders gestartet werden.
Die Zahl derartiger Angriffe stieg den Experten zufolge gegenüber dem ersten Quartal um 303 Prozent. Geschöpfe mit Namen wie "Gaobots", "Mytobs", "Polybots" und "Sdbots" sind verantwortlich dafür, dass die Gesamtzahl der Vorfälle um 3000 auf nun 13.000 gestiegen ist.
Außerdem versuchen Angreifer immer öfter, PCs ihrer Opfer zu kapern, indem sie eine Backdoor einschleusen. Wie Vincent Gullotto, Vice President von Avert, erklärt, nahm die Zahl derartiger Vorfälle bis zur Jahresmitte um 63 Prozent gegenüber der Gesamtmenge des Jahres 2004 zu. Häufig wird in der Folge Ad- oder Spyware auf das Zielsystem geladen. Dieses Problem wird aus Sicht von Avert immer gravierender für Unternehmen und wird in Zukunft sogar noch zunehmen. Schuld daran sind unter anderem Würmer der "Mytob"-Familie, von denen die Rechner der Anwender mit Hunderten von Adware-Arten geradezu überschwemmt wurden.
(Martin Seiler/uba)
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